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Leder: Grausame Produktion

2018-01-02 12:59

Die kalte Jahreszeit ist angebrochen. Traditionell die Zeit, in welcher neben Pelz an Kleidung und Accessoires auch Lederwaren Hochkonjunktur erleben. Doch Leder ist - genau wie Pelz - aus Tierschutzsicht äußerst kritisch zu betrachten. Der Rohstoff ist kein Abfallprodukt der Massentierhaltung sondern zählt als wichtigstes Nebenprodukt der fleischverarbeitenden Industrie. Die Tiere leiden lebenslang qualvoll in beengter Haltung, ohne Sonnenlicht oder der Möglichkeit ureigenem Verhalten nachzugehen. Prophylaktische Amputationen wie etwa das Ausbrennen der Hörner sind an der Tagesordnung. Nach dem Transport der Tiere in den Schlachthof werden diese im Akkord getötet - häufig durch unzureichend geschultes Personal. Der Zeitmangel und das fehlende Fachwissen führen zu signifikanten Fehlbetäubungsraten, so dass beispielsweise jährlich etwa 350.000 Rinder noch qualvoller sterben, als ohnehin vorgesehen. Und das, obwohl in Deutschland die tierschutzrechtlichen Vorgaben noch vergleichsweise hoch sind.

Ein Großteil der Lederprodukte stammt mittlerweile aus Entwicklungs- und Schwellenländern und gehen mit noch größerer Tierqual einher. Leder ist ein verbilligtes, globalisiertes Massenprodukt geworden und wird daher vornehmlich in Ländern produziert, die geringe gesetzliche Tier- und Umweltschutzvorgaben haben. Wie bei Pelz ist China globaler Leder-Marktführer geworden. Aber auch Indien oder Brasilien liefern vergleichsweise viel Leder. Einen wahrhaften Leder-Boom erlebt derzeit Bangladesch. Bis zum Jahr 2020 soll der Lederwarenexport von 1,3 Milliarden auf 5 Milliarden Dollar wachsen.

Indische Kühe werden illegal geschmuggelt. Sie werden über hunderte Kilometer getrieben, geschlagen und gelangen völlig entkräftet auf die Rindermärkte Bangladeschs. Den ehemals heiligen Kühen wird bei vollem Bewusstsein die Kehle aufgeschnitten und sie werden teilweise noch lebend gehäutet. Da die meisten Hindus kein Rindfleisch essen, werden die Tiere zumeist nur für ihre Haut getötet.

Weitere grausame Szenen aus Gerbereien machen deutlich, dass nicht nur tierisches Leid hinter der Lederindustrie steckt. So wird Presseberichten zufolge in Bangladesch aber auch in Indien häufig Kinderarbeit zur Gewinnung und zum Gerben von Leder eingesetzt. Ohne Arbeitsschutz werden die Kinder den ätzenden Substanzen ausgesetzt. Die Handelsunternehmen wissen häufig nicht, wer in den einzelnen Produktionsstätten der langen Lieferkette arbeitet. Und ähnlich wie in der Bekleidungsindustrie, sind die Unternehmen meist auch nicht daran interessiert, es zu erfahren oder interne Standards einzuführen. Generell sind die Arbeitsbedingungen in der asiatischen Lederindustrie prekär. Ohne Handschuhe oder Mundschutz und mit unzureichendem Schuhwerk hantieren die Arbeiter für wenige Cent in der Stunde mit den hochgiftigen Chemikalien, um preiswerte Produkte für den Endverbraucher zu fertigen. Die Chemikalien reizen die Atemwege, führen zu Hautausschlägen sowie zu Kopfschmerzen und erhöhen das Krebsrisiko. Die Arbeiter sind arme Menschen aus den Dörfern. Häufig handelt es sich um Analphabeten, die die Armut in die Städte zieht.

Auch ökologisch betrachtet ist Leder ein Desaster. Die Produktion von Leder erfordert hohe Wassermengen. Diese kommen mit den Chemikalien in Kontakt und die entstehenden toxischen Mixturen laufen zumeist ungefiltert ab, vergiften Böden und Grundwasser. Damit wird das Wasser gefährlich für den täglichen Gebrauch und die Bevölkerung im Umkreis wird geschädigt. Zudem werden Flüsse vergiftet und Ökosysteme zerstört.

Das sogenannte Naturprodukt ist so vergiftet, dass selbst der Endverbraucher noch gesundheitliche Schäden davontragen kann. Chrom VI, Formaldehyd oder Anti-Schimmelmittel: Tests zufolge überschreitet jedes dritte Lederprodukt die Grenzwerte und erhöht damit für den Träger das Risiko Allergien zu entwickeln oder an Krebs zu erkranken.

Durch eine fehlende Kennzeichnungspflicht können sich Verbraucher nicht sicher sein, dass ihre Ware korrekt deklariert ist. Besonders bei Pelz und Leder wird regelmäßig Etikettenschwindel aufgedeckt. So ist es zum Beispiel möglich, dass der Endverbraucher unwissentlich Hundeleder trägt. Mangelhafte Kennzeichnung wird vom Käufer meist nicht bemerkt und würde selbst bei Beanstandung ohne rechtliche Konsequenzen bleiben.

Und auch vermeintliche Qualitätsnachweise wie etwa ein “Made in Italy” Aufdruck verraten nur, dass die Einzelteile in Italien vernäht wurden. Wo das Leder herkommt, in welchen Ländern es zu welchen Arbeitsbedingungen “veredelt” wurde und wie die einzelnen Produktionsstätten der Ware aussahen, verrät derzeit kaum ein Label.

Leder ist ein globalisiertes Produkt geworden, welches Tierleid und ökologische wie soziale Folgen nicht berücksichtigt. Die Billigproduktion freut amerikanische und europäische Kunden. Aber sie schadet Tier, Mensch und Umwelt.

Alternative Pflanzenleder


© Pinatex

Daher wünschen sich Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend Alternativen. Künftig können Fans der Lederoptik qualitativ hochwertig aber völlig tierleidfrei und dabei umweltfreundlich einkaufen. Junge Unternehmen arbeiten an der Gewinnung von rein pflanzlichem Leder und erzielen damit hervorragende Ergebnisse.

Ananasleder
Die stabilen Fasern der Blätter werden üblicherweise als Abfallprodukt weggeworfen. Die spanische Designerin Dr. Carmen Hijosa entwickelte eine Möglichkeit, diese Fasern für die Produktion von ökologisch verträglichen Pflanzenleder zu verwenden, welches sie Piñatex nennt. Die Produkte ihres Unternehmens Ananas Anam sind atmungsaktiv, wasserabweisend und können nach Wunsch bedruckt und zugeschnitten werden. Daraus werden inzwischen nicht nur Handtaschen, sondern auch Jacken, Schuhe und sogar Autositze gefertigt.

Die Produktion von Ananasleder ermöglicht den regionalen Bauern eine zusätzliche Einnahmequelle. Die Abfallprodukte sind anstelle von Chemiecocktails für die Umwelt ökologisch wertvolle Biomasse, die zur Düngung von Feldern oder für die Gewinnung von Biogas weiterverwendet werden kann. Die Bestandteile des Ananasleders sind zudem biologisch abbaubar.

Pilzleder
Auch mit Pilzen lässt sich ein veganer Rohstoff gewinnen, welcher Leder verblüffend ähnlich sieht, außerdem wasserabweisend und extrem reißfest ist. Das junge Unternehmen MycoWorks konzentriert sich auf die Produktion von sogenannten Mycelium. Das Wurzelgeflecht von Pilzen wird Mycel genannt. Dieses wird gepresst, getrocknet und gefärbt. Unterschiedliche Texturen können schon beim Wachstum des Mycels erreicht werden und anders als bei tierischem Leder gibt es keine Beschränkungen in der Größe des Lederstücks. Da Pilzkulturen geringe Ansprüche stellen, ist die Produktion von Mycelium weitaus günstiger als die übliche Produktion von tierischem Leder und braucht dabei nur einen Bruchteil der Zeit und der Ressourcen.


Nach wie vor ist die Reportage von Manfred Karremann in der ZDF Reihe 37° mit dem Titel  'Gift auf unserer Haut' aktuell. Nicht nur ethische Argumente sprechen demnach für ein Verzicht auf Leder sondern auch gesundheitliche Aspekte.

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© Tierrechte Baden-Württemberg

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