Einsatz von Taubenabwehrnetzen am Raiffeisen Markt Rheinau/Freistett
Einsatz von Taubenabwehrnetzen am Raiffeisen Markt Rheinau/Freistett
Einsatz von Taubenabwehrnetzen am Raiffeisen Markt Rheinau/Freistett
Sehr geehrte Frau Scholten,
ich schreibe Ihnen im Namen von Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V., einem gemeinnützigen Verein, der sich bereits seit 1983 erfolgreich für die Rechte der Tiere einsetzt.
Uns wurde zugetragen, dass an Ihrem Verkaufsgebäude (ZG Raiffeisen Markt, Hauptstr. 47, 77866 Rheinau/Freistett) bis vor wenigen Tagen Taubenabwehrnetze angebracht waren. Derartige Abwehrnetze sind für Tauben und andere Vögel ausgesprochen gefährlich. Die Vögel geraten in die Netze, verfangen sich darin und können sich nicht aus eigener Kraft befreien. Die Schnüre wickeln sich um ihre filigranen Füße und schnüren diese ab. Es kommt zu Schwellungen von Füßen und Beinen und häufig – durch vergebliche Befreiungsversuche – zu Knochenbrüchen. Einige Tiere sterben nach einem langen Überlebenskampf qualvoll. Sie sind darauf angewiesen, dass Taubenfreund*innen auf sie aufmerksam werden und freischneiden. Meist sind die Netze jedoch in solchen Höhen angebracht, dass (schnelle) Hilfe nicht möglich ist. Die Vögel geraten in Panik, versuchen sich zu befreien und verschlimmern ihre Situation dadurch meist noch mehr.
Auch bei Ihrem Markt ist kürzlich eine Taube in das Abwehrnetz geraten. Eine besorgte Passantin kontaktierte die Taubenhilfe Achern. Ein Mitglied des Taubenvereins eilte zur Hilfe und suchte anschließend vor Ort das Gespräch mit einer Ihrer Mitarbeiterinnen, wurde jedoch unwirsch abgewiesen. Wir möchten das Thema gerne aufgreifen und Sie auf eine langfristige und tierfreundliche Lösung und deren Vorteile aufmerksam machen.
Taubenabwehr, sei es in Form von Netzen oder „Spikes“, stellen keine geeignete Lösung für ein „Taubenproblem“ dar, sondern verlagern es letztlich nur auf benachbarte und ungeschützte Bereiche, zumal sie oben beschriebene Gefahren mit sich bringen. Viele Unternehmen haben dies bereits erkannt und entscheiden sich stattdessen für effektive und tierfreundliche Lösungskonzepte. So hat beispielsweise das REWE-Center (Ulmer-Straße) in Leinfelden-Echterdingen kürzlich einen Taubenschlag auf ihrem Parkdeck eingerichtet. Damit wollen sie sowohl den Tierschutz- als auch den Hygieneanforderungen gerecht werden.
Auch weitere Firmen zeigen sich offen gegenüber dieser Form des Stadttaubenmanagements und wollen hierfür Flächen zur Verfügung stellen.
Ein gut betreuter Taubenschlag hat den Vorteil, dass sich die Tiere an diesen binden (Weyrather, 2014). Artgerechte Fütterung sorgt dafür, dass die Tiere weniger Kot absetzen. Tauben fressen vorzugsweise Körner und Samen. Nur in der Not – wenn sie in den Städten nicht ausreichend Zugang zu artgerechtem Futter haben – weichen sie gezwungenermaßen auf Essensreste der Menschen aus. Dadurch entsteht der dünnflüssige Kot, der zum Ärgernis vieler Menschen Gebäude und Plätze verschmutzt. Zum einen verringert sich der Kotabsatz durch artgerechte Fütterung im Taubenschlag, zum anderen setzen die Tiere Kot überwiegend innerhalb des Schlags ab. Von dort kann er viel einfacher entfernt und entsorgt werden.
Durch den Austausch der Eier gegen Gipsattrappen ist zudem eine gezielte Geburtenkontrolle möglich, so dass die Taubenpopulation stabil bleibt.
Nach unserem Kenntnisstand halten sich die Tauben aktuell vorzugsweise an einer Wand unter dem Dach des Geschäftsgebäudes auf. Es wäre ein guter Anfang, die Tiere dort artgerecht zu füttern und ihre Eier auszutauschen. Für eine fachkundige Einweisung würde Ihnen die Taubenhilfe Achern e.V. zur Seite stehen. Außerdem kann ich Ihnen anbieten, einen Aufruf über unsere Social Media Kanäle zu machen, in dem wir Ehrenamtliche suchen, die dazu bereit sind, die Betreuung der Tauben (mit) zu übernehmen.
Wir bitten Sie daher als gutes Beispiel voranzugehen und ein taubenfreundliches Konzept zu entwickeln. Die Taubenhilfe Achern e.V. (Kontakt per Mail an info@taubenhilfe-achern.de) steht Ihnen dabei gerne beratend zur Seite.
Zudem könnten Sie die Gemeinde auffordern, Sie zu unterstützen. Einem neuen Rechtsgutachten zufolge (Arleth C., Hübel J. Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung; 29.10.2021. Abrufbar unter: www.berlin.de) gelten Stadttauben als Fundtiere. Weshalb Kommunen die Pflicht zur Lösung der dauerhaften, menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderungen von Stadttauben haben.
Bitte sehen Sie zukünftig von jeglichen Taubenabwehrmaßnahmen ab! Ich davon überzeugt, dass sich gemeinsam eine zufriedenstellende Lösung finden lässt und freue mich auf Ihre Rückmeldung. Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen zudem gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen
Stephanie Kowalski Tierärztin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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