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Primaten

Strafanzeige gegen die Tübinger Affenexperimentatoren

Mit rechtswissenschaftlich vielfach abgesicherter Begründung erstattete Rechtsanwalt Dr. Eisenhart von Loe­per am 5.1.2015 bei der Staatsan­waltschaft Tübingen Strafanzeige gegen die Tierexperimentatoren des Max-Planck-Instituts (MPI) für Bio­logische Kybernetik wegen des Tat­verdachts der Tierquälerei und Tier­tötung. Dr. von Loeper ist ausgewie­sener Experte des Tierschutzrechts und war langjähriger Vorsitzender unseres Bundesverbandes Menschen für Tierrechte. Seit 1990 hatte er sich beharrlich für die Aufnahme des Tier­schutzes ins Grundgesetz engagiert und wurde dafür vor zehn Jahren mit dem Bundesverdienstkreuz ausge­zeichnet. In der Strafanzeige ver­tritt er die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT), die von ihm ge­leitete Erna-Graff-Stiftung für Tier­schutz und unseren Verein.

Die Anklage stützt sich auf die Undercover-Recherche eines Tier­pflegers für die SOKO Tierschutz e.V. und die BUAV (British Union for the Abolition of Vivisection). Diese erschütternde Dokumentation über Hirnversuche an Javaneraffen wurde am 10.9.2014 in der RTL-STERN-TV-Sendung gebracht. Die Aufnah­men zeigten, wie sich ein „Versuchs"­affe heftig dagegen wehrte, aus dem Käfig gezerrt zu werden. Nach dem Einsetzen von Implantaten zur Mes­sung der Hirnströme kratzten sich die Affen die Operationswunden blutig. Ein anderer erwachte panisch aus der Narkose im sogenannten Pri­matenstuhl, in dem die Tiere für die Experimente fixiert werden. Wir be­richteten darüber ausführlich in un­serer letzten Ausgabe.


Schon im Januar 2009 hatte die ÄgT mit ihrer Kampagne Stoppt Affenqual in Tübingen begonnen. Sie informierte die Öffentlichkeit über die Durstqualen und Bewegungsein­schränkungen der Affen. Dazu veran­staltete sie Aktionen und Demon­strationen, verteilte Flyer und sam­melte Unterschriften, an denen sich unser Verein beteiligte.

In der 10-seitigen Strafanzeige wird unter anderem auf die neuere Kommentarliteratur zum Tierschutz­gesetz hingewiesen, in der ausdrück­lich die vorliegende Problematik von Hirnversuchen an Affen erörtert wird. Der Kommentator des Tierschutzge­setzes und stellvertretende Landes­tierschutzbeauftragte, Dr. jur. Chris­toph Maisack, bewertete die Experi­mente wie folgt: Die Belastungen der Tiere müssen jedenfalls in der Summe als schwer, zumindest aber als mittelgradig eingestuft werden. Da diesen jedoch kein messbarer Nutzen gegenüberstehen würde, hät­te auf Grundlage der gesetzlich ge­forderten Nutzen-Schaden-Abwägung keine Genehmigung für die Hirnver­suche erteilt werden dürfen.

Regierungspräsidium mitverantwortlich
Parallel zur Strafanzeige wandte sich Rechtsanwalt von Loeper an das Regierungspräsidium Tübingen und forderte den sofortigen Widerruf des Genehmigungsbescheids der um­strittenen Affenexperimente unter der Leitung von Prof. Dr. Nikos Logothetis. Die Genehmigung von Tierqualen zu Lasten unserer nächs­ten biologischen Verwandten sei tief beschämend und hätte gesetzmäßig spätestens seit der Aufnahme des Tierschutzes im Grundgesetz im Jahre 2002 nicht mehr erteilt wer­den dürfen. So sei man 2007 auch in Berlin verfahren. Wenn sich die Tübinger Behörde aber der eigen­mächtigen Ignoranz der Experimen­tatoren des MPI stillschweigend un­terwerfe und die eigene Garanten­stellung für den Tierschutz versäume, laufe sie Gefahr, sich als mittelbarer Täter mitverantwortlich zu machen.

Als Begründung führte von Loe­per an, dass die Experimentatoren den Genehmigungsumfang krass überschritten und sich dadurch als un­zuverlässig erwiesen hätten, wie auch die Landestierschutzbeauftragte Dr. Jäger nach Einsicht in die Geneh­migungsunterlagen erklärt hatte.

Mit dem jetzigen Vorstoß will von Loeper dafür einstehen, dass sich der im Grundgesetz errungene ethische Wandel zu Gunsten der auf uns angewiesenen Tiere endlich in der gesellschaftlichen Wirklichkeit wiederfindet.

Gerichtlich erwirkte Durchsuchung gegen Tübinger Affenexperimente
Auf Beschluss des Amtsgerichts Tü­bingen erfolgte wegen der empören­den Affenexperimente und den da­mit verbundenen Rechtsbrüchen beim Max-Planck-Institut Durch­suchung und Beschlagnahmung von Beweismaterial.
Unser juristischer Berater und Rechtsanwalt des Vereins, Dr. Eisen­hart von Loeper, erklärte hierzu, dass dieser Schritt ebenso notwendig wie überzeugend sei, um dem rechts­staatlichen Rang des Tierschutzes nach dessen Aufnahme im Grund­gesetz nun auch schrittweise in der gesellschaftlichen Wirklichkeit Geltung zu verleihen.

Es könne nicht länger angehen, dass „im Gewand der Wissenschaft die Ethik gegenüber unseren fühlen­den Mitlebewesen und damit auch unsere Menschlichkeit verloren geht". Die Verantwortung für das Leben müsse die Rechte gerade auch unse­rer nahen biologischen Verwandten einschließen. Deshalb, so von Loe­per, komme dem jetzt laufenden Er­mittlungsverfahren gegen die Experi­mentatoren – auch wenn sie die ge­nehmigten Versuche nicht in Frage stellen würden – eine hervorragen­de Bedeutung zu.

Nach einem Bericht der Südwest Presse vom 17.1.2015 analysiert die Behörde seit Herbst 2015 unter an­derem 100 Stunden Videomaterial, darunter von weiteren Neurokogni­tions-Experimenten. Die Überprüfun­gen würden jedoch noch andauern. Das Regierungspräsidium habe zu­nächst einen Widerruf in Betracht ge­zogen. Da die Versuche vom Insti­tut jedoch nicht weiter verfolgt wür­den, habe man davon abgesehen. Außerdem ermittle die Staatsan­waltschaft, die bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz zuständig ist. Bei anderen Genehmigungen wür­den derzeit keine Erkenntnisse vor­liegen, die einen sofortigen Wider­ruf rechtfertigen würden.

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