Login
Tiere im Versuch

Die "Versuchstiere"

Für Tierversuche werden alle möglichen Tierarten eingesetzt, angefangen bei Weichtieren und Insekten über Fische und Vögel bis hin zu Säugetieren. Die am häufigsten verwendeten Wirbeltiere, die in Laboren leiden und sterben, werden im Folgenden vorgestellt:

Mäuse

© mgkuijpers- Fotolia.com

Mäuse sind die beliebtesten Säugetiere, die für Versuche eingesetzt werden. Sie lassen sich schnell vermehren und in großer Zahl auf kleinem Raum halten. "Versuchstier-Produzenten" bieten mittlerweile Tausende von Maus"varianten" an, die durch züchterische und gentechnologische Manipulationen genau definierte körperliche oder auch psychische Störungen entwickeln und als "Modelle" für die Erforschung der verschiedensten Krankheiten und Therapieverfahren eingesetzt werden. Es gibt beispielsweise Maus"linien" mit ausgeprägten Immundefekten, die besonders in der Immun‐, Rheuma‐, Krebs‐, und Infektionsforschung sowie in der Toxikologie Verwendung finden. Andere entwickeln eine hochgradige Fettleibigkeit, bösartige Tumore, Alzheimer- oder Parkinsonsymptome usw. Zur "Produktpalette" der Züchter gehören unter anderem auch voroperierte Mäuse, denen auf Kundenwunsch beispielsweise Minipumpen, Arterien‐ oder Venenkatheter und Kanülen für die Hirnventrikel implantiert oder Organ-Ausführungsgänge abgebunden und Organe entfernt wurden.

2013 wurden ind Deutschland 2.199.671 Mäuse in Tierversuchen "verbraucht". Das sind fast drei Viertel aller verwendeten "Versuchstiere". Den Löwenanteil beansprucht dabei die biologische Grundlagenforschung mit rund 45 %. Für die Entwicklung, Herstellung und Qualitätskontrolle medizinischer Geräte und Produkte wurden 17 % der Mäuse eingesetzt. 31% wurden für "wissenschaftliche Zwecke" getötet und in verschiedenen Forschungsbereichen weiterverwendet. Der Anteil der Mäuse für toxikologische Prüfungen, für die Aus- und Weiterbildung sowie für diagnostische und "sonstige Zwecke" bewegte sich dagegen jeweils nur im einstelligen Prozentbereich.


Ratten

© Vera Kuttelvaserova - Fotolia.com

Nach der Maus ist die Ratte das am zweithäufigsten verwendete "Versuchstier". Wie auch bei Mäusen gibt es zahlreiche Zuchtformen von Ratten für den Einsatz im Versuchslabor. Bestimmte Albino-Ratten werden z.B. wegen ihrer Gutmütigkeit in der Toxikologie, der Pharmakologie, der Reproduktionsforschung und für Verhaltensstudien eingesetzt. Andere Albino-Stämme finden in der Alters- und Krebsforschung oder der Immunologie Verwendung. In der Schmerz- und Entzündungsforschung werden bei Ratten durch verschiedene chirurgische und/oder chemische Manipulationen künstlich Schmerzen hervorgerufen, die je nach Fragestellung mit den unterschiedlichsten Verfahren wie z.B. Nervendurchtrennung oder Arzneimittelgaben "behandelt" werden. Auch in der Herz-Kreislauf-Forschung werden häufig Ratten eingesetzt, bei denen mittels verschiedener operativer Eingriffe an Blutgefäßen und am Herzen Schäden und Krankheitsbilder wie Herzinfarkte, Bluthochdruck und Schlaganfälle hervorgerufen werden. In der Angst- und Stressforschung werden die Tiere psychisch hochgradig ausweglosen Situationen ausgesetzt, indem man z.B. sie stundenlang in einer Röhre fixiert. Zur Erzeugung und Erforschung von "Depressionen" müssen Ratten stundenlang in wassergefüllten Behältern schwimmen, ohne entkommen zu können, oder sie werden mit Fußelektroschocks traktiert.

2013 wurden in Deutschland 375.656 Ratten (oder 12 % der "Versuchstiere") in Experimenten "verbraucht". Fast die Hälfte davon wurde für die Entwicklung, Herstellung und Qualitätskontrolle von Medizinprodukten eingesetzt. 31% wurden für "wissenschaftliche Zwecke" getötet und in verschiedenen Forschungsbereichen weiterverwendet. In der biologischen Grundlagenforschung waren es im Gegensatz zu den Mäusen "nur" rund 17 %. Für toxikologische Prüfungen wurden knapp 12 % der Tiere verwendet. Die Zahlen für die Aus- und Weiterbildung sowie für diagnostische und "sonstige Zwecke" lagen im einstelligen Prozent- bzw. im Promillebereich.


Fische

Zebrabärbling © mikhailg - Fotolia.com

Nach Mäusen und Ratten werden am häufigsten Fische in Tierversuchen benutzt. In der biomedizinischen und neurologischen Forschung dient besonders eine Karpfenart, der Zebrabärbling, als weltweit beliebtes "Modell". An den durchsichtigen Embryonen dieses Fisches lassen sich die verschiedenen Entwicklungsstadien genauestens verfolgen sowie gentechnische oder chirurgische Manipulationen wie z.B Transplantationsversuche vornehmen. Auf Grund seiner Durchsichtigkeit wird der erwachsene Zebrafisch gerne in der Tumorforschung eingesetzt, um die Wanderung von Tumorzellen im Körper und die Blutgefäßbildung (Tumorangiogenese) zu untersuchen. Genetisch veränderte Zebrafische dienen außerdem als Alzheimer-Modell, an dem das Absterben der Nervenzellen mittels eines inkubierten Farbstoffs beobachtet wird. In der Ökotoxikologie werden außer dem Zebrafisch auch Reisfisch, Regenbogenforelle oder Goldorfe verwendet, um die Giftigkeit von Substanzen wie z.B. Düngemitteln oder Pestiziden in Gewässern zu ermitteln.

2013 wurden in Deutschland 202.685 Fische (8,4 % aller "Versuchstiere") in Tierexperimenten eingesetzt. Der größte Anteil mit fast 49 % fiel auf die Grundlagenforschung, gefolgt von toxikologischen Tests und anderen Sicherheitsprüfungen mit 24,5 %. Knapp 20 % der Fische wurden wurden für "wissenschaftliche Zwecke" getötet und in verschiedenen Forschungsbereichen weiterverwendet. An rund 3 % der Tiere wurden Schädlingsbekämpfungsmittel getestet, und fast genauso viele fielen der Aus- und Weiterbildung zum Opfer. In den anderen Forschungsbereichen spielen Fische keine große Rolle.


Kaninchen

© drubig-photo - Fotolia.com

An vierter Stelle der "beliebtesten" "Versuchstiere" stehen die Kaninchen. Sie werden häufig für die Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten benutzt. Auch als unfreiwillige Lieferanten polyklonaler Antikörper, die in Impfstoffen und Laborreagenzien (z. B. zur Analyse von Proteinen) verwendet werden, spielen sie eine bedeutende Rolle. Als "Tiermodelle" dienen sie in begrenztem Umfang außerdem der Erforschung von Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel-, Krebs-, Infektions- und Nervenkrankheiten. Um z.B. degenerative Bandscheibenerkrankungen oder eine Hirnhautentzündung zu simulieren, werden die Bandscheiben chirurgisch entfernt bzw. Bakterien in den Zwischenraum der harten und weichen Hirnhaut injiziert. Potenziell reizende bzw. ätzende Substanzen werden zum Teil noch heute am Kaninchenauge bzw. auf der kahlgeschorenen Rückenhaut der Tiere getestet (Draize-Test, Hautreizungs- bzw. Hautverätzungstest). Auch in der Reproduktionstoxikologe werden Kaninchen eingesetzt, um Substanzen auf mögliche fruchtschädigende Wirkungen zu untersuchen.

95.653 Kaninchen (3,2 % aller "Versuchstiere") wurden im Jahr 2013 für tierexperimentelle Forschungen verbraucht. Davon wurden 54 % für die Entwicklung, Herstellung und Qualitätskontrolle medizinischer Geräte und Produkte benutzt. Fast 42 % wurde für nicht näher benannte "sonstige Zwecke" verwendet. 2,3 % wurden für toxikologische Prüfungen eingesetzt. In andere Bereichen wie der biologischen Grundlagenforschung oder der Aus- und Weiterbildung sind sie zahlenmäßig von untergeordneter Bedeutung.


Vögel

© Catalin - Fotolia.com

Die Tierversuchsstatistik der Bundesregierung weist die Vogelarten, die in Tierversuchen eingesetzt werden - mit Ausnahme der Wachteln - nicht gesondert aus. In der Mehrheit dürfte es sich aber um Haushühner handeln. Sie werden als Modellorganismen vor allem in der Virologie, der Immunologie, der Entwicklungs- und Infektionsbiologie sowie der Krebsforschung eingesetzt. Auch bei der Produktion von Impfstoffen für Mensch und Tier spielen Hühner bzw. Hühnerembryos nach wie vor eine bedeutende Rolle. Wachteln werden in ihrer Eigenschaft als Bodenbrüter mitunter noch für Giftigkeitsprüfungen bei der Zulassung von Herbiziden und Fungiziden eingesetzt. Auch in der Stoffwechsel- und Leistungsphysiologie finden sie noch Verwendung. Tauben und neuerdings auch Krähen müssen in der Hirnforschung neben Primaten und anderen Tieren im wahrsten Sinne des Wortes ihren Kopf hinhalten.

Die Verwendung von Vögeln in Tierversuchen hat seit 2008 mit fast 130.00 Tieren bis 2013 mit 41.169 Tieren (ohne Wachteln) stark abgenommen und betrug in diesem Jahr noch 1,4 % der Gesamtzahl der "Versuchstiere". Die Hälfte der Vögel wurde für "wissenschaftliche Zwecke" getötet und in verschiedenen Forschungsbereichen weiterverwendet. Rund 20 % wurden in der biologischen Grundlagenforschung eingesetzt, 13,5 % für die Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten und 12 % für Giftigkeitsprüfungen.


Meerschweinchen

© Michael Tieck - Fotolia.com

Am häufigsten werden Meerschweinchen für die Entwicklung und Herstellung medizinischer Geräte und Produkte benutzt. Auch in der Toxikologie, für Medikamententests sowie für Sicherheitsprüfungen für Impfstoffe und Seren finden sie Verwendung. Ein Testverfahren, das nach den OECD-Leitlinien üblicherweise an Meerschweinchen vorgenommen wird, ist der sogenannte Hautsensibilisierungstest. Dabei wird die Prüfsubstanz (z.B. Konservierungsmittel, Farbstoffe, Putzmittel usw.) zusammen mit einem Wirkungsverstärker (Adjuvans) in die Haut gespritzt, um eine Immunreaktion zu provozieren. Nach einiger Zeit werden die Tiere erneut dem Testmaterials ausgesetzt. Anhand der Entzündungsreaktionen wird dann das Allergiepotenzial des Wirkstoffes ermittelt. Daneben werden Meerschweinchen auch regelmäßig zur Erforschung von Infektionskrankheiten sowie in der Gehör- und Xenotransplantationsforschung eingesetzt.

Im Jahr 2013 wurden insgesamt 24.572 Meerschweinchen in Tierexperimenten "verforscht", davon fast 65 % allein für die Entwicklung, Herstellung und Qualtitätskontrolle Medizinprodukten. Weitere 22 % wurden für toxikologischen Untersuchungen und Sicherheitsprüfungen benutzt, 6 % wurden für "wissenschaftliche Zwecke" getötet und in verschiedenen Forschungsbereichen weiterverwendet, und etwas über 4 % dienten als "Modelle" in der biologischen Grundlagenforschung.


Schweine

© Budimir Jevtic - Fotolia.com

Schweine werden vorwiegend zur Erforschung und Entwicklung von Medizinprodukten sowie in der Grundlagenforschung eingesetzt. In der Herz-Kreislauf-Forschung gehören sie nach Mäusen und Ratten zu den am meisten verwendeten Tieren. Bei den "Versuchsschweinen" werden beispielsweise Herzstillstände, Herzinfarkte, Blutgefäßverengung, Schädigungen an Herzkranzgefäßen, Hirnblutungen, Thrombosen usw. künstlich herbeigeführt, um diverse Behandlungsmethoden zu erproben. Ein weiterer Bereich ist die Transplantationsforschung. Hier besteht das Ziel darin, die Organe und Gewebe von Schweinen auf den Menschen zu übertragen, um sie zukünftig ale "Organbanken" zu benutzen (Xenotransplantation). Auch in der Magen-Darm-Forschung werden Schweine verwendet. Um normale und gestörte Verdauungsvorgänge oder die Auswirkungen von Stoffen z.B. auf die Darmflora und den gesamten Organismus zu studieren, werden die Schweine oft chirurgisch "vorbereitet", z.B. durch Abbinden der Ausführungsgänge von Bauchspeicheldrüse oder Gallenblase oder durch die chirurgische Verbindung von normalerweise voneinander entfernt liegenden Darmabschnitten.

Im Jahr 2013 wurden in Deutschland laut Tierversuchsstatistik 12.863 Schweine in der tierexperimentellen Forschung "verbraucht". Davon fielen fast 49 % der Entwicklung, Erforschung, Herstellung und Qualitätskontrolle von Medizinprodukten zum Opfer. An knapp 18 % wurden Experimente für die biologische Grundlagenforschung vorgenommen. 16 % dienten der Aus- und Weiterbildung, 11 % der Diagnose von Krankheiten. Knapp 4,5 % wurden für "wissenschaftliche Zwecke" getötet und in verschiedenen Forschungsbereichen weiterverwendet.

Fazit

Der "Einfallsreichtum" der Tierexperimentatoren kennt offenbar keine Grenzen. Für nahezu jede Spezies wurden und werden entsprechende "Versuchsdesigns" erfunden. Neben den vorgestellten Wirbeltierarten werden u.a. auch Katzen, Hunde, Frettchen, Pferde, Esel, Ziegen, Schafe, Rinder, Affen, Reptilien und Amphibien als "Studienobjekte", "Krankheitsmodelle" oder "Testobjekte" eingesetzt. Wieviele wirbellose Tiere ‒ wie etwa Tintenfische, Krebse, Fliegen, Schnecken oder Fadenwürmer ‒ für wissenschaftliche Zwecke verwendet wurden, ist unbekannt, da Versuche mit ihnen bisher nicht statistisch erfasst wurden. Allerdings ändert sich das mit der neuen Versuchstiermeldeverordnung, die ab 2014 europaweit in einem gemeinsamen Format erfolgt. Zukünftig müssen demnach auch Versuche an weiteren Tierarten wie an Kopffüßern oder an bestimmte Larven gemeldet werden. Außerdem werden wesentlich umfangreichere und differenziertere Angaben zu Art, Herkunft und Zahl der verwendeten Wirbeltiere sowie Zweck und Art der Verwendung verlangt.

Versuche an den verschiedensten Tierarten aus allen Bereichen der tierexperimentellen Forschung sind zu finden in der Datenbank Tierversuche der Ärzte gegen Tierversuche e.V.: http://www.datenbank-tierversuche.de/

© Tierrechte Baden-Württemberg